Hochintelligent, soziale Defizite und keine Freunde
Hach. Welt der Vorurteile, ich liebe dich!

Eines wunderschönen Tages saßen wir auf Arbeit im Pausenraum. Natürlich während unserer Pausenzeit und irgendwie kam das Thema auf Schnellklassen zu sprechen. Eigentlich waren sich alle Anwesenden so weit einig, dass man Kindern damit ja ihre Freizeit stiehlt und ihnen ein Stück weit die Kindheit versaut. Angebracht wäre so etwas ja allerdings bei Hochintelligenten.
Da diese ja sowieso soziale Defizite und dementsprechend auch keine Freunde hätten.

Plötzlich wanderten alle Blicke zu mir und sahen mich so an, als ob das genau auf mich zutreffen würde. An diesem Tag habe ich gelernt, dass ich hochintelligent bin, soziale Defizite und keine Freunde habe. Gut zu wissen, oder?

Wie die darauf kommen? Na ja, sie werden wohl gehört haben, dass ich gute Noten in der Schule habe.

Ich lerne zwar nicht wirklich viel, schreibe aber trotzdem gute Noten. Wie ich das mache? In allererster Linie höre ich im Unterricht zu und denke mit. Auf dieser Basis scheint mein Gedächtnis irgendwie auch zu funktionieren, denn wenn ich in Tests vor Aufgaben sitze, habe ich manchmal die Stimme des Lehrers im Ohr, wie er die Thematik der Aufgabe gerade erklärt. Dadurch kann ich manche Informationen irgendwie permanent abrufen, was total geil ist. Ich muss so gut wie nie lernen, um gute Noten zu schreiben.
Aber auch ich habe meine Fächer, wo ich absolut dumm bin und nur eine vier oder schlechter schreibe, was in der Berufsschule jetzt aber nicht mehr so extrem vorkommt. In meiner Zeit am Gymnasium hatte ich vor allem in Biologie (außer in Genetik, da war ich immer gut) und Erdkunde immer schlechte Noten. In der Berufsschule habe ich nur Probleme mit allgemeiner Wirtschaftslehre. Dieses Fach ist irgendwie so trocken und da fehlt der Bezug zur Praxis. Da habe ich nicht so den Draht zu, da muss ich dann schon mal intensiver lernen.
Aber als hochintelligent würde ich mich immer noch nicht bezeichnen. Hochintelligent sind für mich Leute, die sich alles mögliche einfach so herleiten können. So etwas wie Albert Einstein, der konnte glaube ich auch nie eine Formel auswendig, er hat sich alle so hergeleitet. Und ich saß in Klausuren immer da und hab aufgeregt durch meine Formelsammlung geblättert, bis ich die richtige gefunden hatte :D
Ich hab halt einfach Glück mit der Funktionsweise meines Gedächtnisses, aber gut hochintelligent hört sich auch nicht schlecht an – das kann man ja ruhig mal als Kompliment aufnehmen.

So kommen wir zum zweiten Punkt, ich habe wohl soziale Defizite. Ich habe bereits nach einer einschlägigen Definition gesucht, konnte aber keine finden. Alles, was ich gefunden habe, wich etwas voneinander ab, deswegen versuche ich das jetzt so ungefähr zu beschreiben.

Wie die auf die Idee kommen, dass ich soziale Defizite hätte? Ich rede nicht viel, zumindest nicht mit jedem.

Es gibt auf der Arbeit eben super Leute, mit denen könnte ich mich den ganzen Tag unterhalten. Einerseits haben sie meine Art von Humor und bringen nicht gleich eine persönliche Wertung in irgendeine Aussage mit hinein.
Mit anderen möchte ich eben gar nicht wirklich reden, weil sie meine Aussagen viel zu oft falsch auffassen oder mich dann oftmals im Gespräch, wenn ich zum Beispiel einen Witz mache, mit einem abfälligem Blick ansehen.
Bei wieder anderen hat man auch nur das Gefühl, dass die sowieso alles weiter tratschen wollen und deswegen will ich schon aus Prinzip nicht reden.

Meines Erachtens nach ist das nun nicht wirklich ein Defizit, dass ich besitze, sondern eher ein Entziehen aus einer für mich unangenehmen Situation. Und ich denke jeder Mensch hat entzieht sich einer unangenehmen Situation, wenn es ihm möglich ist. Hat man da gleich soziale Defizite? Sonst wäre die ganze Menschheit ja ein Haufen gestörter, kranker Lebewesen... Moment, vielleicht trifft das sogar zu..

Was man vielleicht als soziales Defizit auslegen könnte ist meine Schüchternheit gegenüber fremden Menschen. Ich spreche eigentlich selten jemand Fremdes an und verwickele ihn oder sie in ein Gespräch. Ich bin immer die, die angesprochen werden muss aber sobald man das getan hat, unterhalte ich mich eben auch normal mit jedem anderen.

Kommen wir zum letzten Punkt: Ich hab keine Freunde.

Schade, aber die habe ich sehr wohl. Nicht nur im Internet, sondern auch im realen Leben. Man hört und staunt. Aber woher sollen diese verirrten Seelen das auch wissen, ich rede ja nicht mit ihnen. Deshalb denkt man sich eben lieber alles von alleine aus, statt sich mal zu fragen, warum ich denn mit manchen so gut wie gar nicht rede und mit anderen dafür umso mehr. So merkwürdig es auch klingen mag, jedes menschliche Handeln beruht auf irgendeinem Grund, ob nun bewusst oder unbewusst.

Na ja, ich tröste mich nun mit meiner überdurchschnittlich hohen Intelligenz über meine zahlreichen sozialen Defizite und meine fehlenden Freunde hinweg und reiße die Weltherrschaft an mich, muhahahaha :D




sebastian_1994 am 09.Jan 16  |  Permalink
Die Sache mit dem Lernen sehe ich ähnlich, geht mir fast genauso. Ich brauche durchdachten Unterrocht bei einem guten Lehrer, dann muss ich auch ziemlich wenig lernen, fand ich bisher auch echt angenehm. :D
Und zum Thema soziale Defizite: Kenne ich sehr gut, ich käme niemals auf die Idee, irgendwen Fremdes grundlos anzusprechen. Ich verfluche meine Schüchternheit manchmal auch, werde sie aber auch nicht los. Wenn ich jedoch ein gewisses Vertrauen zu Menschen aufgebaut hab, kann ich mich auch mega gut mit ihnen unterhalten. Nur wirke ich so auf fremde auch extrem introvertiert, was sie wohl zu einer undurchdachten Einschätzung bringt, ich wäre ein Soziopath oder so. :D

anonyma007 am 10.Jan 16  |  Permalink
Wow krass wie du wieder so in etwa die gleichen Erfahrungen gesammelt hast, wie ich :D

sebastian_1994 am 10.Jan 16  |  Permalink
Ich finde das auch zu krass, manchmal wen ich vor dem Bildschirm sitze und deine Texte lese, kann ich das einfach nicht fassen, wie sehr ich mich darin wiedererkenne. :D Das kann einfach alles.

blenderwar am 10.Jan 16  |  Permalink
Zum Thema: keine Freunde.
Was bedeutet Freundschaft in der heutigen Welt?
Ich habe aus Erfahrung gelernt, gute Freunde gibt es nicht (wenn, dann sehr wenige).
Ich habe auch wenige Freunde, aber immerhin hab ich ja meine Geschwister :).
Darf ich fragen was du beruflich machst?

anonyma007 am 10.Jan 16  |  Permalink
Freunde sind für mich Leute, mit denen ich einen Haufen Spaß haben kann, die aber trotzdem auch ernst bleiben und somit auch meine Probleme verstehen können. Die mich aufmuntern können, wenn es mir schlecht geht und anders herum natürlich genauso. Freunde tun füreinander auch etwas, was sie sonst nie tun würden. War zum Beispiel mal wegen einer Freundin auf einem Helene Fischer Konzert, weil sie nicht alleine gehen wollte. Ich war so froh, als es endlich vorbei war aber hey, sie hatte dadurch unglaublichen Spaß, den sie sonst nie gehabt hätte xD

Mache eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten. Also ein Bürojob :D