Herzlich Willkommen in der sozialen Abwärtsspirale
Hallihallo,
heute melde ich mich mal wieder mit einem etwas anderen Thema als in letzter Zeit (*scrollt mal so die letzten und doch recht einseitigen Beiträge durch* o.o) - zumindest für mich sogar ein recht ernstes Thema.
Meine Mutter hat seit geraumer Zeit so starke psychische Probleme, dass es ihr schon lange nicht mehr möglich ist normal arbeiten zu gehen. Letztens war sie zu einer Kur und als sie zurück kam, hatte sie so einen ganzen Ordner voll mit Arbeitsblättern und Literatur. Einige davon hat sie mir mal ausgeliehen und das, was ich dort gelesen habe, war teilweise schon ziemlich erschüttend - die harte Realität eben.
Ich weiß leider nicht aus welchem Buch diese Auszüge stammen, die ihr dort kopiert wurden, ansonsten würde ich das hier benennen. Auf diesen Ausdruck ist die Rede von dem "Sensiblen Stil". Dieser Stil beschreibt einen Menschen, der ziemlich passend auf meine Mutter und mich zutrifft. Kurz gesagt sind solche Menschen, denen dieser sensible Stil zugeschrieben wird, sehr gerne Zuhause. Ihr Zuhause ist für sie wie eine sichere Blase, in denen niemand sie verletzen oder enttäuschen kann. Oft sind solche Menschen introvertiert und schüchtern, gar ängstlich gegenüber fremden Leuten. Erst wenn sie Personen wirklich in ihr Leben rein gelassen haben können sie sich denen gegenüber öffnen und dabei werden dann auch die Schüchternheit und jegliche andere Hemmungen abgelegt. Alles, was fremd und unbekannt ist, schreckt solch sensible Menschen ab. Sie fühlen sich schnell unwohl in einer unbekannten Umgebung und neigen dazu dann schnell einen Fluchtweg zu suchen. Aber eben durch dieses unwohle Gefühl strahlen solche Menschen eine gewisse Unnahbarkeit, Kälte und in einigen Fällen sogar Ignoranz aus. Deshalb fällt es ihnen sehr schwer neue Kontakte zu schließen oder gar neue Freunde zu finden.
Das wurde noch mit kleineren Kurzgeschichten genauer belegt und deutlicher erklärt, worauf man mit dieser Beschreibung hinaus will.
Das Erschreckende für mich an der Sache: Ich habe festgestellt, ich bin in einer Art sozialer Abwärtsspirale gelandet, wenn man es so nennen möchte. Ich finde das klingt eigentlich ganz passend.
Und ich werde mal versuchen das ganze am Beispiel meiner alten Schulfreunde zu erläutern. Zu Schulzeiten haben wir uns noch jeden Tag gesehen, man wusste ziemlich viel vom anderen, was er in seiner Freizeit so macht, woran er Spaß hat und woran nicht. Ich denke, es ist ganz normal, dass das auseinander geht, sobald man eben nicht mehr zur Schule geht.
Während meine Freunde in ihrem Studium, ihrer Ausbildung oder bei ihrem Jahr im Ausland neue Freundschaften geschlossen haben, habe ich keine neuen Freundschaften geschlossen. Ich weiß noch, wie ich am ersten Tag von der Berufsschule nach Hause kam und erstmal geheult habe. Keiner von denen kannte sich, aber doch haben sich immer welche gefunden, die sich miteinander unterhalten haben. Nur mit mir hat sich keiner unterhalten und ich selbst habe mich natürlich nicht getraut jemanden anzusprechen. Mit der Zeit entwickelten sich in meiner Ausbildung zwar lasche Freundschaften aber kaum war die Ausbildung vorbei, war das eben auch vorbei. Damals empfand ich es noch nicht als schlimm. Ich hatte noch relativ guten Kontakt zu meinen Freunden aus der Schulzeit und natürlich auch zu den Freunden, die ich online kennen gelernt habe und die leider quer verteilt überall in Deutschland wohnen.
Aber mit der Zeit wurde der Kontakt zu meinen ehemaligen Schulfreunden natürlich auch immer weniger. Und jetzt, wenn sie zu Partys einladen, sind da natürlich so einige Leute, die ich kaum bis gar nicht kenne. Deshalb ist das für mich mittlerweile keine gewohnte Umgebung mehr, in der ich mich wohl fühle. Ich stehe permanent unter Druck, will etwas sagen, damit die anderen Unbekannten anfangen mich zu mögen aber im Endeffekt schwirren mir so viele Gedanken durch den Kopf, dass ich davon selbst überfordert bin und sowieso kaum einen Ton raus kriege. Dennoch gab es durchaus Situationen, wo ich mich dazu durch ringen konnte, mal irgendeinen Kommentar von mir zu geben oder zu versuchen mit diesen fremden Leuten ins Gespräch zu kommen. Hat leider nur nie geklappt. Ich weiß nicht, ob ich von Haus aus wirklich so eine schlechte Ausstrahlung habe, dass man sich einfach nicht mit mir befassen will oder ob ich einfach viel langweiliger bin als alle anderen oder ob ich das einfach nur bei den falschen Leuten versucht habe.
In letzter Zeit machte mich das sogar so fertig, dass ich mitten auf einer Party den Tränen nahe war und natürlich krampfhaft versucht habe diese runter zu schlucken, irgendwie versucht habe mich zu beruhigen. Was macht das schon für einen Eindruck, wenn man auf einer Party augenscheinlich grundlos los heult? Und durch den Versuch stark wirken zu wollen bin ich wohl wieder mal bei der unnahbaren Ausstrahlung angelangt. Ich hatte noch weniger Wortwechsel mit anderen Leuten als ohnehin schon. Meine Ausstrahlung wird vermutlich immer negativer. Vielleicht ist auch das der Grund, wieso ich nur noch so wenig Kontakt mit meinen alten Schulfreunden habe. Die Partylöwin bin ich ja schließlich nicht mit so einer abgefuckten Ausstrahlung. Und wer will schon jemanden dabei haben, der scheinbar immer schlechte Laune hat? Wobei ich eben im Grunde keine schlechte Laune habe, sondern voll mit Ängsten bin. Ich selbst bin zu unfähig mir die zu nehmen und jemand anderes tut es auch nicht.
Ich finde es jedenfalls echt cool, dass mein Persönlichkeitsstil so etwas die Vertrautheit braucht, um zu funktionieren, aber meine Ausstrahlung scheinbar genau das Gegenteil vermittelt und andere Leute eher davon abschreckt sind den Kontakt zu mir zu suchen. Im Ergebnis werde ich dann immer einsamer und kriege eine immer schlechtere Ausstrahlung werde als Ergebnis immer weiter einsamer.
Ich kann gar nicht beschreiben wie abgefuckt es ist zu wissen, dass man in so einer Spirale drin ist und nicht von eigener Kraft da raus kommt. Es ist jedenfalls echt scheiße. So scheiße, dass ich das nicht mal meinen größten Erzfeinden wünschen würde.
Tja ich schätze ich habe noch einen langen Weg vor mir, bis ich wirklich in der Lage bin daran was zu ändern. Wird geil. Oder auch nicht. Ich weiß es nicht.